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1628 | VASA, Stockholm

Vermessung des Orlopdecks der VASA

Im März und April des Jahres 2009 nahm ich die Gelegenheit wahr eine Vermessung des Orlopdecks der VASA auf Einladung von Dr. Fred Hocker durchzuführen. Dadurch bot sich eine erstklassige Möglichkeit meine Fähigkeiten zu optimieren und eine Vorstellung zur Komplexität zum frühneuzeitlichen Schiffbau zu bekommen. So wurde VASA’s Trossdäck mein zuhause für zwei Monate.

Von Beginn an war ich in die Planung der Vermessung involviert, angefangen mit der Erstellung von Kontextbögen, die den Besonderheiten eines komplett erhaltenen Decks eines Kriegsschiffes aus dem 17. Jahrhundert angepasst werden mussten. Die Bedeutung schon im vornherein eine möglichst genaue Vorstellung der Konstruktion zu haben darf nicht unterschätzt werden, da willkürliche Messungen nicht zielführend sind. Die Struktur wurde mit Messband und Tachymeter erfasst. Mit der Zeit entwickelte sich ein detailliertes Verständnis zur Konstruktion und der Verbundtechnik. Der Gebrauch von Krummholz und der überraschend grob bearbeiteten Hölzer vermittelten den Eindruck einer sehr behelfsmäßigen bzw. zweckmäßigen Gesamtkonstruktion. Dies führt die völlig andere Denkweise von Schiffbauern im 17. Jahrhundert vor Augen: Unsere heutige Augen sind an gleichartige, symmetrische Bauteile gewöhnt, die in Produktionsketten entstehen und standardisiert sind. Der Schiffbauer vor 400 Jahren hingegen nutze schon die von der Natur vorgegebenen Wuchseigenschaften aus, um sie mit möglichst wenig Bearbeitung in die Gesamtkonstruktion einzupassen.

Die von mir eigenständig durchgeführte Vermessungsarbeit von VASA’s Orlopdeck mit einem Tachymeter, fixierten Reflektoren und einer aufgehängten Taschenlampe (© Daniel Zwick)

Obwohl das Schiffwrack mit PEG konserviert wurde, haben sich die meisten Hölzer verzogen, so dass einige Verbindung gelöst sind. Mit dem Ziel das Schiff so zu dokumentieren, wie es in seiner ursprünglichen Form am ehesten entsprach, war es notwendig die Messpunkte strategisch auszuwählen, welche den ursprünglichen Abmessungen am Nähesten kommt. Diese Bestimmung wurde zu einer echten Kunst, wenn unterschiedliche Faktoren zusammen kamen. Während die Vermessungsarbeit zum größten Teil zu einer langwierigen Routine wurden, d.h. die Vermessung von repetitiven Konstruktionsmerkmalen, war ich mit der Frage beschäftigt, wie mit Abweichungen – so klein und insignifikant sie auch erscheinen mögen – umzugehen sei. Ich war nicht der einzige, der sich diese Fragen stellte. Fred gab viele aufschlussreichen Antworten auf diese Fragen, die es mir ermöglichten ein Auge für Details zu entwickeln, die ich vorher nicht vwahrgenommen hatte.

Während meiner Zeit am Vasa Museum habe ich die manuellen Vermessung des gesamten Orlopdecks sowie dem Achterschiff mit dem Tachymeter abgeschlossen (der Rest des Orlopdecks wurde von SDU Studenten im kommenden Jahr mit Tachymeter vermessen), ich habe einen Leitfaden verfasst, in welchem die Fragestellungen bei der Vermessung thematisiert und Vermessungsstrategien vorgeschlagen wurden. Diese Strategien wurden gleich im Juli umgesetzt, als ich Fred Hocker bei der Unterweisung von Studenten des Maritime Studies Program der East Carolina University half, die das untere Kanonendeck messtechnisch erfasste.

Abgesehen von der Vermessung hatte ich auch die Möglichkeit einen Faro-Arm zu testen, der zum professionellen Standard in der Schiffsarchäologie seit den frühen 2000er wurde, um komplexe 3D-Strukturen digital zu erfassen, um Effizienz, Detailgrad und die Austauschbarkeit der Daten zu verbessern. Diese Art der Dokumentation und der anschließenden Bearbeitung mit Rhinocerus ist besonders geeignet bei Objekten mit vielen Details. Mit der rasanten Entwicklung von neuen digitalen Technologien und dessen Anwendung in der Archäologie, werden viele Dokumentationsmethoden wieder obsolet nach wenigen Dekaden oder sogar Jahren. Alle Methoden haben ihre Vor- und Nachteile. Während die Structure-from-Motion Fotomosaike und 3D-Scanverfahren sehr zeitsparend sind, können dadurch nicht alle sichtbaren Details dokumentiert werden. Wichtige Details können in mit dem Faro-Arm hingegen manuell hervorgeboben werden, während autonome digitale Dokumentationstechniken oftmals nicht in der Lage sind wichtige von unwichtigen Details zu unterscheiden.

Dies hatte der Abteilungsleiter zu meiner Arbeit zu sagen:

(…) Dan was tireless as a worker, focused on the task, and used his time effectively. Although working on his own, he accomplished more than a team of four had been able to do the previous year. He paid close attention to the details without losing sight of the overall goals of the project. He was effective in communicating his methodology to the students. Most significantly for us, his creative thinking about the process of documentation solved one of the most significant bottlenecks we had found in tackling such a large project (…)

Dr. Frederick Hocker (Leiter der Forschungsabteilung, Vasa Museum)

Ein paar Eindrücke von meinem Arbeitsplatz: